Thomas Ruff

Bildmodul

Substrat 36 I, 2007
Inkjet Print
130 x 212 cm
Courtesy Konrad Fischer Galerie, Düsseldorf

© VG Bild-Kunst, Bonn 2018

Zur Arbeit

Die umfangreiche Foto-Serie „Substrat”, aus der das vorliegende nummerisch bezeichnete Bild stammt, ist auf den ersten Blick visuell rätselhaft: Sie zeigt unscharfe Verwirbelungen von Farben, die sich an keine gegenständliche Wirklichkeit zurückbinden lassen. Auch die vermeintliche Erklärung der Entstehungsweise dieser Bilder bleibt letztlich abstrakt, da sie für den gewöhnlichen Betrachter nicht nachvollziehbar ist und auch die spezifische Gestalt des Sichtbaren nicht wirklich erklären kann. Es handelt sich nämlich um digitaliert manipulierte Abbildungen japanischer Manga-Comics, die Ruff angeblich zu abstrakten Farbfeldern verwirbelt und dann auf Fotopapier neu ausgedruckt hat.

In Anbetracht dieser kameralosen Fotografie, die ihrem Namen kaum mehr gerecht werden will, treten die visuelle Erfahrung einer ebenso sinnlich bezaubernden wie inhaltlich entleerten Abstraktion einerseits und das intellektuelle Verständnis der Entstehung des Bildes andrereseits auseinander. Ruff arbeitet allenfalls noch mit fotografischen Vorlagen, fotografiert aber nicht mehr selbst. Ist die Abstraktion zur bloßen Dekoration verkommen oder ist es gar die Fotografie selbst? Die verführerische Schönheit erweist sich hier als eine ambivalente Reflexion des Bildes.

CV

Der 1958 in Zell am Harmersbach geborene Thomas Ruff gilt als einer der international berühmtesten zeitgenössischen Fotografen – obgleich er selten selbst fotografiert. Sein Thema ist die Fotografie als Medium. Er verwendet vielfach gefundene Bilder, die er bearbeitet und sich so in analytischer Manier mit dem ¬Sehen im digitalen Zeitalter kritisch auseinandersetzt.

Von seinen Lehrern Hilla und Bernd Becher hat Ruff wohl allein das serielle Vorgehen übernommen. Darüber hinaus gliedert sich sein Werk in zahlreiche Gruppen, in denen er historische wie aktuelle Produktions- und Verwendungsweisen des Bildes analytisch untersucht. Sein Themenspektrum ist motivisch extrem breit und vielfältig, um nicht zu sagen: disparat. Es reicht von Innenräumen, Porträts, Gebäuden, Industrie-, Akt- und Nachtaufnahmen bis hin zu digitalen Pressebildern, Fotogramen und Abstraktionen. Sie scheinen oftmals nüchtern, unspektakulär, offenbaren aber zugleich die manipulative Dimension des Bildes, die fotografisch konstruierte Beschaffenheit einer Gegenwart, welche die Frage nach der oft stilisierten „Wahrheit“ der Fotografie ad absurdum führt.

Der in Düsseldorf wohnhafte Fotograf ist in zahlreichen internationalen Sammlungen vertreten und hat überaus viele Einzelausstellungen gehabt, so u.a. in der Whitechapel Gallery, London, dem 21st Century Museum of Contemporary Art im japanischen Kanazawa, im S.M.A.K., Ghent, dem Castello di Rivoli, Turin, der Kunsthalle Düsseldorf, dem Haus der Kunst, München, der Kunsthalle Baden-Baden sowie im Sprengel Museum Hannover.

Literatur

  • Thomas Ruff, (Ausst.-Kat.) Whitechapel Art Gallery, London 2018
  • Markus Kramer, Thomas Ruff. Modernism, Heidelberg, 2012
  • Thomas Ruff. Photographs 1979–2011, (Ausst.-Kat.) Haus der Kunst München 2012
  • Thomas Ruff: 1979 bis heute, hrsg. v. Matthias Winzen, , (Ausst.-Kat.) Staatliche Kunsthalle Baden-Baden u.a.O. 2001