Shirana Shahbazi

Bildmodul

Grün-Blau-01, 2017
C-Print
150 x 120 cm
Sammlung Niedersächsische Sparkassenstiftung im Sprengel Museum Hannover

Zur Arbeit

Ist es eine digitale Konstruktion, der Blick auf eine fallende Folie oder was sehen wir im Blick auf das mit einem spärlichen Titel beschriebenen „Grün-Blau-01“ überhaupt? Und nicht zuletzt stellt sich die Frage, ob es eigentlich angemessen ist dieses Bild im Kontext des kategorialen Begriffs der „Dinge“ zu diskutieren? Zweifellos handelt es sich bei Shirana Shahbazis großformatiger Fotografie nicht um die (dokumentarische) Abbildung eines Objekts, dass die Zuordnung zur klassischen Gattung des Stilllebens ermöglichen würde. Man sieht eine grüne Farb-Form vor einem blauen Grund, wobei die unterschiedlichen Stufen der Helligkeit, die als Beleuchtung gelesen werden können, und auch die unklare Räumlichkeit des sich entwindenden Gebildes die Rede von einer wirklichen „Form“ eines Dings ihrerseits in Frage stellen. Es ist eine Konfiguration, die keineswegs still zu stehen und den Bild-Historiker deshalb auch entfernt an Harold Edgertons berühmte Momentfotografie „Milk Drop Coronet“ von 1936 erinnert. Doch führt diese Spur nur in eine Sackgasse, denn eine technische Dimension des Motiv und auch die Ereignishaftigkeit des Bildes liegen Shahbazi tatsächlich fern. Dafür spricht schon die Ausschnitthaftigkeit, die keineswegs der Idee einer klassisch ausgewogenen Komposition folgt.

Bewusst wird aber spätestens hier, dass unser Sehen ganz offensichtlich zur Identifikation von Objekten durch eine Abbildhaftigkeit neigt. All das wird hier aber in Zweifel gestellt: Unklar sind die Herkunft des Motivs, seine Größe und auch die intensive Farbigkeit. Selbst wenn man die Idee von einer Folie (aber welcher Art?) haben mag, begnügt man sich am besten mit dem Begriff der „Abstraktion“. Es geht also um eine begriffslose Konstellation aus Farbe, illusioniertem Raum und Licht.

CV

Die in Zürich ansässige Shirana Shahbazi (1974 geboren in Teheran, Iran) studierte zunächst an der Fachhochschule Dortmund und anschließend an der Hochschule für Gestaltung und Kunst, Zürich. Rasch bekannt geworden ist sie sodann mit einer motivisch und stilistisch überaus heterogenen Fotografie, die nicht selten auch durch eine unerwartete Kombination mehrerer Werke eine offenkundige Bild-Lust artikuliert.

Es lässt sich dabei erschließen, dass es der Künstlerin, die sich nicht allein auf die Produktionsform der Fotografie beschränkt, weniger um das Abbilden von Realität, als vielmehr um eine ganz eigene Bildwirklichkeit geht. Durchaus in einer gewissen Verwandtschaft zu malerischen Phänomenen setzt Shahbazi dafür gezielt Licht, Farbe, Struktur und räumliche Illusion ein. So erzeugt sie eine Bildwelt aus immateriellen Oberflächen, Texturen, Materialien und Objekten, die die Betrachtenden mit ihrer eigenen Form der Wahrnehmung von Bild-Realität konfrontieren.

Das vielfältige Werk von Shirana Shahbazi ist in diversen Sammlungen präsent und war in Einzelausstellungen u. a. im Fotomuseum Winterthur, im New Museum, New York, in der Kunsthalle Bern, im KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst, Berlin, im Museum Boijmans van Beuningen, Rotterdam und im Centre d’Art Contemporain, Genf zu sehen.

Literatur

  • Stephen Shore, (Ausst.-Kat.) The Museum of Modern Art, New York 2017
  • Stephen Shore: Uncommon Places. The complete works, New York 2015
  • Stephen Shore, (Ausst.-Kat.) Fundación MAPFRE, Madrid u.a.O., Heidelberg 2014
  • Der rote Bulli: Stephen Shore und die Neue Düsseldorfer Fotografie, (Ausst.-Kat.) NRW-Forum, Düsseldorf 2010
  • Christy Lange, Stephen Shore, London 2007