Nicholas Nixon

Bildmodul

The Brown Sisters, seit 1975
Silbergelatine-Abzug
19,5 x 24,5 cm
Sammlung Niedersächsische Sparkassenstiftung im Sprengel Museum Hannover

© Nicholas Nixon. Courtesy Fraenkel Gallery, San Francisco

Zur Arbeit

Sollte es die wesentliche Aufgabe der Fotografie sein, Zeit und Vergänglichkeit zu dokumentieren, dann wird dies in vorbildlicher Weise in der Serie „The Brown Sisters“ von Nicholas Nixon eingelöst. Seit 1975 verfolgt Nixon konsequent ein schlichtes Konzept: Jedes Jahr positioniert er vier Schwestern in gleicher Abfolge und mit identischen technischen Mitteln. Zumeist stehend und in relativer Nähe fokussiert sich die Kamera auf die Frauen, die den Betrachter in der Regel direkt anblicken. Auch wenn die einzelnen Fotografien mit oft wechselnden Ortsangaben versehen sind, lenkt im Hintergrund der Darstellung kaum etwas von der Präsenz der Schwestern ab, die sich ihrer zentralen motivischen Rolle augenscheinlich bewusst sind. Dabei handelt es sich nicht einmal um Prominente. Der Kontext ist vielmehr ebenso biografisch wie unerheblich. Denn gezeigt werden stets Nixons Ehefrau Bebe sowie deren Schwestern Heather, Mimi und Laurie. Sie werden im Bildtitel jedoch nicht individuell genannt, sondern bleiben Bestandteile einer Gruppe. Das Individuum ist gemeint, steht jedoch zugleich nur als ein Beispiel für Viele.

Inhaltlich steht natürlich der Aspekt der Zeit im Mittelpunkt. Die Betrachtung eines Einzelbildes ist dabei kaum möglich oder gar sinnvoll. Das Foto wird allein in der bislang unabgeschlossenen Folge der gesamten Serie sinnvoll – die freilich endlich ist und von der Lebenszeit des Autors, z. T. auch seiner Motive, begrenzt wird. Man sieht jedes Bild vor allem im Modus eines vergleichenden Sehens, das Veränderung, also Zeit, offenbart. Die Wahrnehmung eines jeweiligen Fotos wird stets unterfüttert von der Erwartung des Zukünftigen und auch von der Erinnerung an die Vorangegangenen: Die konkrete Erfahrung von Zeit erscheint hier als ein Erlebnis der Wahrnehmung.

CV

Das Werk von Nicholas Nixon (*1947 in Detroit, Michigan) lässt sich in der Tradition der sozial orientierten Dokumentarfotografie verorten. Seit den 1970er Jahren erarbeitet er seine Serien mit einer Großbildkamera und fertigt Schwarzweiß-Fotografien an. Berühmt ist er für seine 1975 begonnene Serie der Brown Sisters, die er jährlich um eine weitere Fotografie der Schwestern erweitert.

Abseits von dieser poetischen wie auch nachdenklichen Serie über Zeit, Nähe und Veränderung hat Nixon auch verwandte Themen in seinen Serien zum Thema AIDS oder zu anderen Bereichen aus dem Leben der amerikanischen Gesellschaft seiner Zeit verfolgt. Stets ist sein Blick zurückhaltend, zugleich aber immer sehr intim, präzise, kompositorisch durchdacht. Die entscheidende Kategorie der Zeit, das zentrale Motiv der Fotografie seit ihren Anfängen, meint bei Nixon nicht nur das Konservieren des Augenblicks, sondern weist über das jeweilige Abbild hinaus.

Nicholas Nixon hat sein Werk in international renommierten Museen, wie dem Museum of Modern Art, New York, der Fundación MAPFRE in Madrid, dem San Francisco Museum of Modern Art, dem Museum of Fine Arts, Boston und im c/o Berlin in Einzelausstellungen gezeigt.

Literatur

  • Nicholas Nixon, Heidelberg / Berlin 2017
  • Nicholas Nixon: The Brown Sisters – forty years, New York 2014
  • Nicholas Nixon, Live, love, look, last, Göttingen 2009