Lewis Baltz

Bildmodul

Candlestick Point, 1987-89
84 Prints: 72 Silbergelatineabzüge + 12 C-prints
Jeweils 20,3 x 25,4 cm
Sammlung Niedersächsische Sparkassenstiftung im Sprengel Museum Hannover

© Estate of Lewis Baltz, courtesy Galerie Thomas Zander, Cologne

Zur Arbeit

Die in der San Francisco Bay Area entstandenen Fotos dokumentieren (ganz im Sinne der „New Topographics“) Spuren einer landschaftlichen Bearbeitung durch technisierte Bautätigkeiten – das Gegenteil der romantischen Vorstellung von Natur. Es ist ein Gebiet, das früher für militärische Zwecke gedient hat und heute als Landschaftsschutzgebiet fungiert.

Die Fotos sind von Lewis Baltz ganz offensichtlich nicht als Einzelbilder, sondern als Elemente einer zusammenhängenden Serie konzipiert. Während einige Bilder in ihrer Abfolge von bis zu zehn aufeinanderfolgenden Bildern eine Art Panorama zu bilden scheinen, stehen andere (vereinzelt) für einen Wechsel des motivischen Blickpunktes. Diese Form des gleichzeitigen Zusammenhangs und der Separierung von motivischen Gruppen innerhalb der Serie ist durch 30 unregelmäßig auftretende Leerstellen in der Abfolge der insgesamt 84 Fotos hervorgerufen, deren Präsentation der Künstler in sechs Reihen angelegt hat. Im Unterschied zur Buchform wird in der Ausstellungs-Präsentation dadurch visuell eine quasi-musikalische Akzentsetzung erzielt, die sich von der historischen Form des rational konstruierten Rasters auffällig absetzt. Hinzu kommt noch der bemerkenswerte Umstand, dass Baltz hier wohl als erster künstlerischer Fotograf Schwarzweiß- und Farb-Fotografie in einer Serie kombiniert. Diese objekthafte Form der Fotografie sprengt das Konzept des Seriellen bzw. Rasters wie es noch in der Minimal Art gepflegt wurde in dem Maße wie sie die Rezeption über das Sichtbare hinaus anregt, also die Vorstellungskraft der Betrachtenden aktiviert.

CV

Lewis Baltz (*1945 in Newport Beach, Kalifornien – † 2014 in Paris) war ein wichtiger amerikanischer Fotograf, der seit den 1970er Jahren mit einem dokumentarischen Ansatz stark politische Intentionen verfolgte und in diesem Zusammenhang auch 1975 an der legendären Ausstellung „New Topographics: Photographs of a Man-altered Landscape“ im George Eastman House (Rochester, NY) teilnahm.

In der Absage an einen gestalterischen Ästhetizismus der vorangegangenen Fotografen-Generation wandte sich Baltz schon in den ausgehenden sechziger Jahren den Folgen der Industrialisierung und Urbanisierung zu und führte diese in Serien und stilbildenden Foto-Büchern wie „New Industrial Parks“ (1974), „Nevada“ (1977) oder „Park City“ (1980) schonungslos vor Augen. In Verbindung mit einer gestalterischen Klarheit, die von seiner Auseinandersetzung mit dem Minimalismus profitiert, stehen in diesen Serien gewöhnliche Stadtrandgebiete, Einfamilienhaus-Siedlungen, Industriegebiete, Lagerhallen oder vom Menschen deformierte Brachlandschaften im Mittelpunkt. Bisweilen ist unklar, ob die gezeigte Architektur noch in ihrer Entstehung begriffen ist oder bereits zerfällt. Und auch die Landschaft kann sich von surrealen Untertönen nicht freimachen. Nachdem Baltz Ende der achtziger Jahre die USA nach Europa verlässt, ändert sich auch seine Bildsprache, die farbige Elemente aufnimmt und größere Formate integriert. Auch dort sind es aber politische Themen wie die der Überwachung oder neue Technologien, die ihn künstlerisch interessieren.

Nachdem Baltz Bedeutung erst vergleichsweise spät eine breitere Resonanz im Ausstellungswesen erfuhr, wurde er 1993 im Fotomuseum Winterthur und sodann im Art Institute, Chicago (2010), der National Gallery of Art, Washington (2011), im Kunstmuseum Bonn, der Kestnergesellschaft Hannover (2012), der Albertina, Wien (2013) und posthum in einer größeren Retrospektive der Fundación MAPFRE, Madrid (2017) gezeigt.

Literatur

  • Urs Stahel (Hrsg.), Lewis Baltz, Göttingen 2017
  • Lewis Baltz at the Albertina, (Ausst.-Kat.) Albertina Wien, Köln 2015
  • Lewis Baltz, Texte, Göttingen 2013
  • Susanne Figner (Hrsg.), Lewis Baltz, Köln 2012
  • Lewis Baltz, Only Ecxceptions, Göttingen 2012
  • Lewis Baltz, Rule without Exception, Göttingen 2012