Andreas Gursky

Bildmodul

Ohne Titel XVII, 2014
Inkjet Print
Größe variabel

© Andreas Gursky und VG Bild-Kunst, Bonn 2018

Zur Arbeit

Gurskys Foto zeigt die Abbildung eines eigenen Fotos (Ohne Titel II, 1993) in einem Ausstellungskatalog – ist also eine Art Selbst-Appropriation.

Betrachten wir das frühere, also das abgebildete Bild, so zeigt dies einen Sonnenuntergang und lässt an einen paradiesischen Ort denken. Über die dunkelbraune Grundfläche hinaus, in die sich übergangslos ein orangefarbener Halbkreis einschreibt, sind bei „Ohne Titel II“ keine gegenständlichen Verweise erkennbar. Es gibt keinen für den Betrachter lokalisierbaren Standpunkt. Das Bild ignoriert scheinbar die medial bedingte Referentialität der Fotografie: In dem Maße, in dem es allein eine einfache, weder auf den ersten Blick noch zwangsläufig auf die außerbildliche Wirklichkeit beziehbare Farb-Fläche zeigt, kann man es als ein gänzlich ungegenständliches Bild sehen oder gar als einen „Archetyp“ interpretieren.

Dass es sich bei „Ohne Titel XVII, 2014“ um eine Abbildung aus dem Katalog „Andreas Gursky at Louisiana“, 2012, S. 22 f. handelt, wird nicht nur an der gegenüberliegenden Seite erkennbar, wo die Bildlegende lesbar ist; ferner wird das Buch schräg gehalten; damit integriert Gursky ein Moment, dass dem Vorbild abgeht, nämlich die geometrische, die lineare Form der Abstraktion. Wichtig ist darüber hinaus der Umraum des Buches, der braun gehalten ist, um keine motivische Ablenkung zu erzeugen und zudem eine Beziehung zum abgebildeten Foto aufbaut. Zugleich besitzt er eine ähnlich spiegelnde Oberfläche, so dass sich das Motiv über die Bildseite hinaus fortzusetzen scheint.
Gursky wirft also die Frage auf, ob das Foto eines Fotos wirklich noch das Foto ist, thematisiert Frage nach der Möglichkeit von „authentischen“ Abbildungen und schafft zugleich ein neues Bild.

CV

Der 1955 in Leipzig geborene, dann aber rasch ins Rheinland übersiedelte Andreas Gursky stammt aus einer Fotografenfamilie, wuchs also quasi zwischen dem technischen Equipment der Fotografie auf. Nach seinem Studium an der Folkwang-Hochschule in Essen und der anschließenden Ausbildung an der Kunstakademie Düsseldorf wurde er bekannt für seine großformatigen, farbigen, oftmals digital bearbeiten Ansichten der Realität, die wie universale Zeichen erscheinen, zugleich aber auch die Bildlichkeit des Fotografischen untersuchen.

Seine monumentalen Bilder erlauben die Verbindung einer makro- und einer mikroskopischen Sehweise: das Gesamtbild und das Detail sind so präzise erkennbar, dass der Blick stets aufs Neue angefeuert wird. Seit den ausgehenden achtziger Jahren schafft Gursky Einzelbilder, die in geringer Zahl entstehen und eine Anlehnung an den Typus des Meisterwerks zeigen. Geradezu programmatisch für die motivische Verschiedenartigkeit seiner Bilder klingt auch Gurskys Absicht eine „Enzyklopädie des Lebens“ mit fotografischen Mitteln zu erstellen. Indem er Elemente des Sichtbaren zu einer neuen Bild-Ordnung verdichtet, ersetzt Gursky jedoch nicht die Wirklichkeit, sondern interpretiert sie. Seine Bilder zeigen Ansichten, die aus dem Leben gegriffen scheinen, realiter aber Verdichtungen darstellen, die von der Verführung der Wirklichkeit zeugen.
Gursky zu den bekanntesten und erfolgreichsten Künstlern der Gegenwart. Große Ausstellungen von ihm waren im u.a. Museum of Modern Art New York, dem San Francisoco MoMA, dem Moderna Muset, Stockholm, dem Kunstmuseum Basel, dem Haus der Kunst, München, der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf und der Hayward Gallery, London zu sehen. Gursky lebt in Düsseldorf.

Homepage: http://www.andreasgursky.com

Literatur

  • Andreas Gursky, (Ausst.-Kat.) Hayward Gallery, London 2018
  • Andreas Gursky, (Ausst.-Kat.) Museum Frieder Burda, Baden-Baden 2015
  • Andreas Gursky, (Ausst.-Kat.) The National Art Centre, Tokyo u.a.O. 2013
  • Eva Witzel, Die Konstitution der Dinge: Phänomene der Abstraktion bei Andreas Gursky, Berlin / Bielefeld 2011